Dieser Umbau einer Buell M2 Cyclone ist so etwas wie ein gewaltiger Fußabdruck, den der junge Italiener Raffaele Gallo in der hiesigen Custom-Szene hinterlassen wollte. Was ihm zweifellos gelungen ist, denn seine Arbeit ist atemberaubend.
Doch der Reihe nach: Raffaele wurde in Agropoli geboren, einer kleinen Stadt rund 100 Kilometer südlich von Neapel. Schon in früher Kindheit interessierten ihn besonders die Kunst, die Musik und die Technik. Bereits mit 13 Jahren übte er sich geschickt als Mechaniker in seiner kleinen Hauswerkstatt, in der er die Scooter seiner Kumpels reparierte und modifizierte.
Später erlernte er den Beruf des Vermessungstechnikers. Seine Freizeit widmete er in dieser Zeit weiterhin hauptsächlich den beiden großen M’s in seinem Leben – Motoren und Musik. Seine Leidenschaft für die Musik lebte er aus, indem er seine eigene Band gründete.
Vom Vermessungstechniker zum Motorradschrauber
Nachdem er seine berufliche Ausbildung im Alter von 20 Jahren abgeschlossen hatte, widmete er sich hauptsächlich der Musik und seiner Band. In seiner Freizeit arbeitete er in verschiedenen Motorradwerkstätten in seinem Heimatort und erlernte dort das Schrauberhandwerk.
Irgendwann gab es richtig Trouble mit der Plattenfirma, mit der er zusammenarbeitete, sodass er beschloss, den Weg des Profi-Musikers nicht weiter zu verfolgen und sich stattdessen seiner zweiten, nicht weniger großen Leidenschaft zu widmen: den Motorrädern. Er eröffnete eine kleine Werkstatt und brachte sich alles notwendige Wissen autodidaktisch durch das Lesen unterschiedlicher Bücher über Design, Bau und Umbau von Motorrädern bei.
Erste Erfolge als Customizer
Bald arbeitete er für Kunden an verschiedenen Motorradmarken und -typen und nahm an Custom-Wettbewerben in Rom und Neapel teil, wo er auch regelmäßig für seine Umbauarbeiten Pokale erhielt. Doch das war Raffaele nicht genug. Das füllte ihn nicht aus, irgendwie fühlte er sich vom Leben in seinen Plänen ausgebremst. Doch er wusste genau, was er wollte und suchte weiter nach einem Weg, seinen Traum zu verwirklichen.
Irgendwann schien das endlich zu klappen. Raffaele ließ seine süditalienische Heimat hinter sich und zog um nach Deutschland. Hier arbeitete er vormittags in der Biogasfirma seines Schwagers, nachmittags in einer Motorradwerkstatt. Sein Schwager überließ ihm ein altes Lagerhaus, aus dem sich Raffaele während sieben Monaten eine Werkstatt baute.
Buell M2 Cyclone Avanzata – Cafe Racer mit klaren Linien
„Als ich anfing, über das kommende Projekt nachzudenken, hatte ich eine klare Idee: Ich wollte einen Café Racer mit einfachen Linien, inspiriert von den alten britischen Motorrädern der 60er Jahre, aber mit einem rebellischeren Charakter. Italienisches Design und moderne Eleganz sollten mit einem Hauch Old School gepaart sein.“ Als Basis für sein Vorhaben wählte er eine Buell M2 Cyclone aus dem Modelljahr 2000 und begann, indem er den Rahmen komplett umgestaltete. Die Absicht dahinter war, dem Motorrad ein dynamisches und sportliches Aussehen zu verleihen, das selbst, während es still steht, den Eindruck vermittelt, in Bewegung zu sein.
Diese Aufgabe war nicht einfach, da 80 Prozent des Rohrrahmens komplett neu gestaltet werden musste. Der Tank und der Rest der Karosserie wurden dann an die Linien des Rahmens angepasst. „In meinen Gedanken dachte ich an eine „Avanzata“ (das bedeutet im Italienischen: nach vorne schreiten), so, als befände sich das Motorrad in einem Kampf, um Land zu erobern. So entstand der Name des Motorrads: „Avanzata“.
Buell M2 Cyclone Avanzata – Schlichtheit ohne Banalität
Der Tank und der Rest der Karosserie bestehen aus handgedengelten Aluminiumblechen. Einfache Linien dominieren, doch sie sind gleichzeitig voller Details, die die Linie vervollkommnen. Raffaele wollte Schlichtheit, ohne banal zu sein, dabei gelang ihm ein dreidimensionales Kunstwerk. In den Seitenteilen des Tanks zum Beispiel verbergen sich zwei Lüftungsöffnungen, die an die Kiemen eines Hais erinnern. Die Kappe des Tanks wurde per CNC-Technik entworfen und gefertigt.
Auf der Oberseite befindet sich eine analoge Uhr, die ein bisschen Retro-Charme erzeugt. Im Tank selbst befindet sich eine zweite Kammer, die die Benzinmenge durch ein Glas anzeigt. Die Scheinwerferverkleidung besteht aus vier Teilen. Sie wird von einem kleinen Aluminiumrahmen getragen und verbirgt den Öltank, der an der linken Seite unter der Verkleidung positioniert ist. Es ist keine einzige Schraube sichtbar, die die Komponenten trägt.
Breite Schwingen und italienische Edelware
Die Batterie und einige Bauteile der Elektrik sind im Heck versteckt. Die Hauptelektrik ist unsichtbar in einem Kasten unterm Tank versteckt, sämtliche Leitungen sind durch den Rahmen verlegt. Die Schwinge machte Raffaele breiter, um einen 240er-Reifen montieren zu können. Das Vorderrad von OZ wird von einer wuchtigen Upside-Down-Gabel von Marzocchi geführt, und auch bei den Bremsen kommt in Gestalt von Brembo-Zangen der „Gold Serie“ italienische Edelware zur Verwendung.
Der Kennzeichenhalter greift in Material und Machart das Design desjenigen Hilfsrahmens auf, der den Scheinwerfer und die Frontscheibe hält. Am Ende war Raffaele dann noch ziemlich unschlüssig, ob er den Lackteilen Farbe geben oder ob er sie in Aluminium natur belassen sollte. Doch weil es in den letzten Jahren groß in Mode war, Aluminium sichtbar zu lassen, hat er sich entschlossen, die Flächen zu lackieren.
Buell M2 Cyclone Avanzata – Ultraelegantes Bike-Design
Wir von DREAM-MACHINES haben selten solch ein innovativ gestyltes, hochmodernes, ultraelegantes Bike-Design gesehen. Das lässt auf mehr hoffen, und die gute Nachricht lautet: Raffaele wird weitermachen. „Uragani (zu deutsch Hurrikan) ist meine Marke – mein Leben in einem einzigen Wort. Ich habe einen Traum, den ich hier in Deutschland verwirklichen möchte, ich habe viele Ideen. Mein Ziel ist es, eine professionelle Werkstatt zu eröffnen, in der ich meine Leidenschaft ausleben kann.“ Wir jedenfalls wünschen dem Jungunternehmer viel Erfolg.
Info | instagram.com/officineuragani